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Regeln gegen Hass im Netz – das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)

Das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG) ist seit dem 2017 in Kraft.

Ein aus Papier gebasteltes Handy, um das bunte Sprechblasen aus Papier gelegt sind
Quelle: photocase

Das Gesetz zielt darauf, Hasskriminalität, strafbare Falschnachrichten und andere strafbare Inhalte auf den Plattformen sozialer Netzwerke wirksamer zu bekämpfen. Dazu zählen z.B. Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung, Gewaltdarstellung und Bedrohung. Um die sozialen Netzwerke zu einer zügigeren und umfassenderen Bearbeitung von Beschwerden insbesondere von Nutzerinnen und Nutzer über Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte anzuhalten, wurden mit dem NetzDG gesetzliche Compliance-Regeln für soziale Netzwerke eingeführt.

Dies beinhaltet eine gesetzliche Berichtspflicht für Anbieterinnen und Anbieter sozialer Netzwerke über den Umgang mit Hasskriminalität und anderen strafbaren Inhalten, Vorgaben zum Vorhalten eines wirksamen Beschwerdemanagements sowie zur Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten. Verstöße gegen diese Pflichten können mit Bußgeldern gegen das Unternehmen und die Aufsichtspflichtigen geahndet werden. Außerdem wird Opfern von Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Netz ermöglicht, aufgrund gerichtlicher Anordnung die Bestandsdaten der Verletzerinnen und Verletzer von den Diensteanbietenden zu erhalten.

Wesentliche Inhalte

1. Wirksames Beschwerdeverfahren

Das NetzDG setzt verbindliche Standards für ein wirksames und transparentes Beschwerdemanagement. Die Anbieterinnen und Anbieter großer sozialer Netzwerke werden verpflichtet, den Nutzerinnen und Nutzern ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden über strafbare Inhalte anzubieten,
Nutzerbeschwerden unverzüglich zur Kenntnis zu nehmen und auf strafrechtliche Relevanz zu prüfen, offensichtlich strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde zu löschen oder zu sperren, jeden strafbaren Inhalt in der Regel innerhalb von 7 Tagen nach Eingang der Beschwerde zu löschen oder zu sperren oder an eine anerkannte Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung abzugeben und sich deren Entscheidung zu unterwerfen, die Nutzerin oder den Nutzer über jede Entscheidung bezüglich seiner Beschwerde zu informieren und diese zu begründen.

2. Berichtspflicht

Die Anbieterinnen und Anbieter großer sozialer Netzwerke sind verpflichtet, halbjährlich über den Umgang mit Beschwerden über strafrechtlich relevante Inhalte zu berichten. Der Bericht muss u.a. Angaben über das Beschwerdevolumen und die Entscheidungspraxis der Netzwerke sowie die personelle Ausstattung und Kompetenz der für die Bearbeitung der Beschwerden zuständigen Arbeitseinheiten enthalten. Die Berichte müssen für jedermann zugänglich im Internet veröffentlicht werden.

3. Bußgelder

Anbieterinnen und Anbieter sozialer Netzwerke, die ein wirksames Beschwerdemanagement gar nicht oder nicht richtig einrichten begehen eine Ordnungswidrigkeit. Diese kann mit einer Geldbuße von bis zu fünf Millionen Euro gegen eine für das Beschwerdeverfahren verantwortliche Person geahndet werden. Gegen das Unternehmen selbst kann die Geldbuße bis zu 50 Millionen Euro betragen. Eine Geldbuße kann auch verhängt werden, wenn der Anbieterin oder der Anbieter des sozialen Netzwerks seiner Berichtspflicht nicht oder nicht vollständig nachkommt.

Weiterentwicklung der Leitlinien zur Festsetzung von Geldbußen nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)

4. Zustellungsbevollmächtigter

Anbieterinnen und Anbieter sozialer Netzwerke werden zur besseren Rechtsdurchsetzung – unabhängig von ihrem Sitz – verpflichtet, für Zustellungen in Bußgeldverfahren und in zivilgerichtlichen Verfahren einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen und auf ihren Plattformen zu veröffentlichen. Für Auskunftsersuchen der Strafverfolgungsbehörden ist ein empfangsberechtigter Ansprechpartner in Deutschland zu benennen. Die Anbieterinnen und Anbieter haben ferner eine schnelle Reaktion auf diese Ersuchen sicherzustellen. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten und eines Empfangsberechtigten kann ebenfalls mit einem Bußgeld geahndet werden.

5. Auskunftsanspruch gegen die Anbieterinnen und Anbieter sozialer Netzwerke

Jeder, der im Anwendungsbereich des Gesetzes zugleich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wird, kann grundsätzlich von der Anbieterin oder vom Anbieter des sozialen Netzwerks Auskunft darüber verlangen, wer die Rechtsverletzung begangen hat. Ein solcher Auskunftsanspruch ergibt sich bereits aus allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Mit dem NetzDG wurden Regelungen geschaffen, damit dieser Auskunftsanspruch auch durchgesetzt werden kann. Die Anbieterinnen und Anbieter sozialer Netzwerke erhalten die datenschutzrechtliche Befugnis, die Anmeldedaten des Rechtsverletzers an den Verletzten herauszugeben. Die Herausgabe der Daten durch das soziale Netzwerk muss allerdings durch das zuständige Zivilgericht angeordnet werden (Richtervorbehalt).

Gesetzesnovellen

Das NetzDG war seit seinem in Kraft treten Gegenstand von zwei Gesetzgebungsverfahren.

1. Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität

Zur Stärkung der Strafverfolgung in sozialen Netzwerken wird das NetzDG mit dem am 3. April 2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität um eine Meldepflicht erweitert. Mit dieser werden die Anbieterinnen und Anbieter sozialer Netzwerke verpflichtet, bestimmte, besonders schwere Straftaten an eine Zentralstelle beim Bundeskriminalamt (BKA) zu melden. Die Anbieterinnen und Anbieter müssen den Inhalt und die zur Verfügung stehenden Daten des Inhalteverfassers bzw. der Inhalteverfasserin (inkl. der letzten Log-In IP) an das BKA übermitteln. Dieses identifiziert anschließend die Täterinnen und Täter und leitet die Daten an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weiter. Wegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Köln vom 1. März 2022 wird die Meldepflicht derzeit nicht durchgesetzt.

2. Gesetz zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDGÄndG)

Mit dem am 28. Juni 2021 in Kraft getretenen NetzDGÄndG wurden die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer in sozialen Netzwerken gestärkt. So können Sie effektiver gegen Entscheidungen der Anbieter sozialer Netzwerke vorgehen, wenn unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf das Löschen oder Beibehalten einzelner Beiträge bestehen. Darüber hinaus können Betroffene von strafbaren Beiträgen wie Beleidigungen oder Bedrohungen ihre Auskunftsansprüche gegenüber sozialen Netzwerken leichter durchsetzen. Die Transparenz über die Praxis der sozialen Netzwerke soll schließlich durch eine Konkretisierung ihrer Berichtspflichten erhöht werden. Zu diesem Zweck soll in den Berichten beispielsweise Auskunft über Veränderungen gegenüber vorherigen Berichten gegeben werden.

Darüber hinaus wird das NetzDG mit dem NetzDGÄndG an die neuen Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/1808, die die Richtlinie 2010/13/EU über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL) geändert hat, angepasst. Die AVMD-RL enthält neue Pflichten für Compliance-Vorschriften zum Schutz vor unzulässigen Inhalten bei Videosharingplattform-Diensten. Diese Dienste waren teilweise bereits zuvor vom NetzDG erfasst. Anders als das ursprüngliche NetzDG erfordert die AVMD-RL aber auch die Einführung von Compliance-Pflichten für kleine und themenspezifische Anbieter von Videosharingplattformen.

Zu den wesentlichen Neuerungen im NetzDG gehören im Einzelnen:

a. Stärkung der Rechte der Nutzerinnen und Nutzer

Die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer gegenüber den sozialen Netzwerken wurden durch folgende Maßnahmen verbessert:

aa. Einführung eines Gegenvorstellungsverfahrens (§ 3b NetzDG)

Bei unterschiedlichen Auffassungen zwischen einem Nutzer bzw. einer Nutzerin und der Anbieterin oder dem Anbieter eines sozialen Netzwerks, ob gemeldete Inhalte gelöscht werden müssen oder nicht, kann künftig ein Gegenvorstellungsverfahren durchgeführt werden. Dadurch werden soziale Netzwerke dazu verpflichtet, auf Antrag eines Nutzers bzw. einer Nutzerin Entscheidungen über die Löschung oder Beibehaltung eines Inhalts zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Überprüfung ist gegenüber dem Nutzer bzw. der Nutzerin in jedem Einzelfall zu begründen.

Konkret bedeutet das: Wird ein geposteter Inhalt einer Nutzerin oder eines Nutzers vom sozialen Netzwerk gelöscht, kann er oder sie die Überprüfung dieser Entscheidung von der Anbieterin oder dem Anbieter eines sozialen Netzwerks verlangen. Umgekehrt kann auch jemand, der einen Inhalt als rechtswidrig gemeldet hat, welcher jedoch nicht von der Anbieterin oder dem Anbieter gelöscht wurde, einfordern, dass diese Entscheidung überprüft wird. Das Gegenvorstellungsverfahren findet außerdem auch dann Anwendung, wenn der Entfernung keine NetzDG-Beschwerde zugrunde liegt.

bb. Klarstellung der Zuständigkeit des Zustellungsbevollmächtigten (§ 5 Absatz 1 NetzDG)
Die sozialen Netzwerke mussten bereits nach den ursprünglichen Bestimmungen des NetzDG einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen, an den Schriftstücke in Gerichtsverfahren vor deutschen Gerichten wegen der Verbreitung rechtswidriger Inhalte zugestellt werden konnten. In der Praxis gab es jedoch unterschiedliche Auffassungen dazu, ob der Zustellungsbevollmächtigte auch für sogenannte Wiederherstellungsklagen zuständig war. Bei Wiederherstellungsklagen möchte der Verfasser des Inhalts erreichen, dass sein vom sozialen Netzwerk gelöschter Inhalt wieder eingestellt wird und klagt aus diesem Grund wegen unrechtmäßiger Löschung oder Sperrung seines Accounts gegen ein soziales Netzwerk.

Mit dem NetzDGÄndG wurde gesetzlich klargestellt, dass an den Zustellungsbevollmächtigten auch Schriftstücke bei Wiederherstellungsklagen zugestellt werden können. Dadurch wird der Schutz gegen unberechtigte Löschungen und Account-Sperrungen, die vom sozialen Netzwerk mit der Verbreitung rechtswidriger Inhalte begründet wurden, verbessert.

cc. Einführung der Grundlagen zur Schaffung von unparteiischen Schlichtungsstellen (§ 3c NetzDG)

Mit Hilfe von privaten Schlichtungsstellen können Streitigkeiten zwischen Nutzerinnen bzw. Nutzern und sozialen Netzwerken auch außergerichtlich beigelegt werden. Dadurch können Streitigkeiten häufig schneller und für die Beteiligten mit weniger Kosten beigelegt werden. Das Gesetz regelt die Voraussetzungen für die Anerkennung solcher Schlichtungsstellen. Für den Bereich von Videosharingplattformen mit Sitz in Deutschland wird eine behördliche Auffangschlichtungsstelle geschaffen.

b. Vereinfachte Durchsetzung von Auskunftsansprüchen

Strafbare Beiträge in sozialen Netzwerken wie Bedrohungen oder Beleidigungen verletzen häufig Rechte einzelner Personen. Betroffene können deshalb nach § 21 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes (TTDSG) vom Betreiber eines sozialen Netzwerks Informationen verlangen, die sie zur Durchsetzung ihrer Rechte benötigen, zum Beispiel den Namen des Verfassers.

Die Zulässigkeit der Auskunftserteilung wird dabei vorher von einem Gericht angeordnet. In der Praxis verweigerten Diensteanbieter allerdings häufig auch nach einer solchen Entscheidung die Datenherausgabe mit der Begründung, dass zwar die Erlaubnis, nicht aber die Pflicht zur Herausgabe gerichtlich festgestellt sei. Der Betroffene musste dann ein weiteres gerichtliches Verfahren anstrengen, um die Verpflichtung des Anbieters zur Datenherausgabe feststellen zu lassen. Dieser Prozess war häufig kompliziert und langwierig.

Mit dem NetzDGÄndG wurde die Durchsetzung von Auskunftsansprüchen effizienter gestaltet, indem das mit der Zulässigkeit zur Datenherausgabe befasste Gericht zugleich auch die Verpflichtung des sozialen Netzwerks zur Datenherausgabe anordnen kann.

c. Verbesserung der Nutzerfreundlichkeit der Meldewege (§ 3 Absatz 1 NetzDG)

Nutzerinnen und Nutzern muss es auf einfache Weise möglich sein, einem sozialen Netzwerk Hinweise auf rechtswidrige Inhalte zu übermitteln. In der Praxis haben die sozialen Netzwerke ihre Meldewege für Beschwerden über rechtswidrige Inhalte zum Teil wenig nutzerfreundlich umgesetzt. Schwer auffindbare, lange und komplizierte Klickwege (z. B. händisches Kopieren und Einfügen von identifizierenden Angaben wie etwa ein Link zu dem Beitrag), um rechtswidrige Inhalte zu melden, sind nicht mit dem NetzDG vereinbar. Daher wurden in der Novellierung des NetzDG ausdrücklich Klarstellungen vorgenommen, dass Meldewege Ieicht auffindbar und für jeden einfach zu bedienen sein müssen – und zwar direkt vom Inhalt aus, der dem sozialen Netzwerk als rechtswidrig gemeldet werden soll.

d. Erhöhung der Aussagekraft der Transparenzberichte (§ 2 Absatz 2 NetzDG)

Die Transparenzberichte der Anbieterinnen und Anbieter sozialer Netzwerke sind ein wichtiges Instrument ihrer Rechenschaftspflicht. Hier gab es jedoch noch Verbesserungsbedarf beim Informationsgehalt und in Bezug auf die Vergleichbarkeit der Transparenzberichte verschiedener Anbieterinnen und Anbieter von sozialen Netzwerken. Mittlerweile müssen Veränderungen gegenüber den letzten beiden vorherigen Berichten erläutert werden. Darüber hinaus muss dargelegt werden, wie soziale Plattformen mit Gegenvorstellungsverfahren umgehen (z. B. Anzahl der vom Netzwerk gelöschten In halte, die nach erneuter Prüfung wieder eingestellt wurden – sog. „Put backs“). Ferner muss Auskunft über die grobe Funktionsweise gegebenenfalls angewandter automatisierter Verfahren beim Auffinden potenziell rechtswidriger Inhalte gegeben werden.

e. Verbesserter Zugang für Forschende (§ 5a NetzDG)

Der in sozialen Medien stattfindende Kommunikationsprozess hat eine erhebliche Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung. Daraus folgt ein erhebliches öffentliches Interesse an Forschungserkenntnissen an der Verbreitung von (rechtswidrigen) Inhalten und die teils automatisierten Moderationsmechanismen der sozialen Netzwerke. Durch die Forschungsklausel wurde es Forschungseinrichtungen und Forschenden ermöglicht, die notwendigen Daten über den Einsatz von automatisierter Erkennung von Inhalten, die gelöscht werden sollen, zu erhalten. Auch Informationen über die Verbreitung von Inhalten, die Gegenstand von Nutzerbeschwerden waren oder die vom Anbieter gelöscht wurden, können von Forschenden beantragt werden. Um sicherzustellen, dass u.a. Firmengeheimnisse und die Interessen sonstiger Betroffener im Rahmen der Forschungsvorhaben nicht unangemessen beeinträchtigt werden, sind die Forschenden dazu verpflichtet, ein qualifiziertes Schutzkonzept vorzulegen.

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